In meinen myCharisma-Seminaren teste ich mit den TeilnehmerInnen gerne spielerisch verschiedene Facetten, um herauszufinden, welche uns gut tun und ergänzen könnten in unserer Identität und unserem Auftreten: die Qualität eines „Magiers“, einer „Diva“, eines „kleinen Kindes“ etc. Immer erstmal in lustvoll theatraler Übertreibung, und dann in einer „Prise“, in der nur mehr ein Hauch von dieser Qualität spürbar ist, die dann nicht mehr theatral, sondern natürlich wirkt. Viele viele Male durfte ich schon dabei zusehen, welch unglaublich faszinierende Veränderungen in Sekundenschnelle in Menschen zu beobachten sind, wenn wir nur die passende „Facette“ für sie finden. Und die ist immer ganz individuell, eine Liste gibt´s nicht dafür. Kürzlich hat sich zum Beispiel für eine Teilnehmerin „Ursula“ herauskristallisiert (die Meerhexe bei Arielle). Aber nur in der Variante „leicht beschwipst“ hat sie ihr die für sie genau richtige Mischung gegeben von geerdeter Weiblichkeit und spielerischer Leichtigkeit😊
Bei einem der letzten Facettenexperimente hat eine Seminarteilnehmerin mehr zum Spaß irgendwann eine Facette zum Versuch in die Gruppe reingeworfen, die wir mal HARRY nennen wollen. Harry war ordinär, respektlos, rotzig, rüde, vulgär, provokant, intolerant, abstoßend, machohaft. Als ich die TeilnehmerInnen aufforderte, „Harry“ in theatraler Übertreibung zu verkörpern, kam von einigen Widerstand: "Nee, so will ich echt nicht sein!" Ich meinte dann: „Ja, verstehe ich, dass du so nicht sein willst, nicht in dieser Übertreibung (das echte Harryvorbild war übrigens wohl gar nicht so weit weg von der Übertreibung….). Aber lasst es uns doch trotzdem mal machen und dann in uns hineinspüren, welche Aspekte daran positiv sein könnten, wenn man sie konstruktiv und nur als „Prise“ lebt.“ Diese Aspekte lassen sich relativ leicht erkennen, wenn man sich erlaubt, sie für einen Moment so überdeutlich zu verkörpern und vorurteilslos zu empfinden: In Harry etwa war eine befreiende Wurschtigkeit spürbar gegenüber dem was andere von einem denken und wollen, was Prickelndes, was Platz einnehmendes, was Lockeres, eine ungestüme Kraft, Lust was rauszukitzeln, Fassaden einzureißen. Interessanterweise waren das im Grunde genommen alles Aspekte, die genau der Person, die Harry gar nicht mochte, überaus gut tun würden. Eine überraschende Erkenntnis für sie, dass sie sich von Harry eine Scheibe abschneiden konnte - in 10%-Dosierung.
Was ist Dein Harry? Probier doch mal daheim für Dich eine Facette aus, gegenüber der Du eigentlich Abneigung verspürst. Verkörpere sie einige Augenblicke in Übertreibung, spüre welche Aspekte darin liegen, die sich in ihrer konstruktiver Variante in etwas Positives wandeln. Und die Dich in Deiner Persönlichkeit womöglich sogar kompletter machen könnten. Es ist ja schon lange kein Geheimnis mehr, dass gerade bei den Menschentypen, die wir ablehnen, eigentlich ein „Geschenk“ für uns bereit liegt….
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